Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
ich hoffe, Sie haben sich in Ihrem Sommerurlaub gut erholt und kommen nun gut in das Finale der Bilanz-Saison 2022. Denn Vorsicht: Die Offenlegungsfrist läuft diesmal nur neun Monate wie zu den Zeiten vor Corona. Somit sind die Jahresabschlüsse zum 31.Dezember 2022 bis zum 30. September 2023 beim Firmenbuch einzureichen. Auch die steigenden Zinsen führten in den letzten Monaten zu weiteren Erhöhungen der Anspruchszinsen beim Finanzamt. Die Bagatellgrenze von EUR 50,00 ist damit relativ schnell verbraucht. Aus diesem Grund sollten die Steuerklärungen 2022 auch per Ende September vorbereitet sein, um den Klienten die aktuellen Nachzahlungshöhe mitteilen zu können. Wir müssen unsere Klienten rechtzeitig informieren, aber die Entscheidung selbst wird dann vom Klienten vorgenommen werden.
Und rund um den 30. September wird vielleicht auch die COFAG, die COVID-Finanzierungsagentur des Bundes, in ihre finale Phase eintreten. Wie wir den Presseaussendungen des BMF entnehmen konnten, soll die COFAG aufgelöst werden! Ist das eine gute oder eine schlechte Nachricht?
Abgerechnet wird am Schluss und ich denke die COFAG hat die österreichische Wirtschaft gut unterstützt und damit die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie abgefedert. Aber der Aufwand war enorm: Vor allem bei den kleineren Klienten, wo das Rechnungswesen zur Gänze bei uns SteuerberaterInnen liegt, hatten wir einen unerwartet hohen Aufwand, den Fixkostenzuschuss, den Umsatzersatz und den Verlustersatz auszurechnen, mit dem Klienten abzustimmen, und schließlich bei der COFAG einzureichen. In größeren Kanzleien gab es Teams von SpezialistInnen, die sich durch endlose Fragebögen vom Finanzamt und von der COFAG arbeiteten – besser gesagt – quälten. Insgesamt war ein sehr hoher Zeitaufwand zu verzeichnen, der uns hoffentlich auch bezahlt wurde. Es gab ein enormes Frustrationspotenzial bei unseren MitarbeiterInnen und vielfach auch Verzweiflung bei den KlientInnen, wenn die ersehnten Zuschüsse viel zu spät ausgezahlt wurden.
Die ursprüngliche Idee eine schnelle Behörde einzurichten und den „behäbigen Finanzämtern“ ein Schnippchen zu schlagen, war in den ersten Tagen der Coronakrise vielleicht eine gute Idee. Aber die Umsetzung war in meinen Augen äußerst schwierig durch die schleppenden Verfahren, die 1000 Fragen, die gerne auch oft wiederholt gestellt wurden, und vor allem das fehlende Rechtsmittelverfahren bei Unklarheiten oder unterschiedlichen Auffassungen zwischen unserer Klienten und der Behörde. Nicht selten kamen wir da in der „Hitze der Anträge“ zwischen die Fronten. Das bei Betriebsprüfungen millionenfach erprobte Verfahren der Beschwerde über die Instanzen Bundesfinanzgericht und VwGH wurde hier leider nicht eingerichtet, sondern ein privatrechtlicher bilateraler Vertrag, der die Rechte des Antragstellers vergleichsweise schwach absichert. Das ist in meinen Augen ein ganz schwerer Fehler in der Konzeption der COFAG und kratzt an der Rechtsstaatlichkeit und der Verfassungsmäßigkeit der Verfahren und der Behörde als Ganzes. Aufgrund dieser „Probleme“ ist die COFAG-Behörde samt den Verfahren meiner Meinung nach kein Beispiel für die Zukunft.
Bei der nächsten Krise sollten wieder die Finanzämter stärker in ihre Pflicht genommen werden und ihre primäre Aufgabe der Kontrolle der Angaben der Steuerpflichtigen erfüllen. Es muss dann wieder eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Unternehmern oder Steuerpflichtigen und den Finanzämtern mit dem Steuerberater als Vermittler und Berater geben.
Die Anträge auf Förderungen und Zuschüsse sollten so konzipiert werden, dass nicht Geld ausgezahlt wird, sondern ein Guthaben auf dem jeweiligen Finanzamtskonto gebucht wird. Das könnte die Bürokratie doch vereinfachen und auch verhindern, dass bar erhaltene Zuschüsse kurzfristig für den Konsum verwendet werden, statt für die nächste Rechnung für Strom und Gas aufzuheben, wie es beim Energiekostenzuschuss für alle ÖsterreicherInnen der Fall war.
Die COFAG zu schließen ist daher ein zu begrüßender Schritt in Richtung Normalität. Nur sollten die noch ausständigen Verfahren, darunter Anträge auf Verlustersatz, die bereits im Oktober 2021 – d.h. vor bald zwei Jahren – gestellt wurden, doch endlich abgearbeitet werden, ohne in Hektik zu Lasten der Unternehmen und Steuerberater zu verfallen. Die Verfahren müssen nun endlich abgeschlossen werden, ohne dass in die vermeintliche Instanz gegangen werden kann. Ich bitte daher um eine hohe Kompromissfähigkeit auf beiden Seiten und auch die Einstellung, nicht das Maximum aus dem Antrag herauszuholen, sondern zu einem guten, für beide Seiten vertretbaren Verhandlungsergebnis zu kommen und die Verfahren damit schnell zu schließen.
Das Ende der COFAG hilft uns SteuerberaterInnen, den Arbeitsaufwand in unsere Kanzleien wieder auf ein normales Maß zu reduzieren, denn wir sind ohnehin mit den eingangs erwähnten Bilanzierungen und der Erstellung der Steuererklärung sehr gut ausgelastet.
Ich hoffe, dass ich mit meiner Ansicht auch Ihre Meinung treffe und würde mich freuen, von Ihnen gute Vorschläge zu bekommen. Bitte melden Sie sich, sodass wir das auch im Präsidium oder im Vorstand der KSW diskutieren können.
Herzliche Grüße,
Philipp Rath